Classic BattleTech 15: Schattenkrieg 1: En Passant

„BattleTech“ war schon immer mehr als nur ein Brettspiel um 15 Meter große Kampfmaschinen, die sich mit Lasern und PPKs beharken. In Dutzenden von Romanen und Quellenbüchern wurde dem Universum Leben eingehaucht, einem Universum, dessen rivalisierende Fraktionen sich über die Jahrhunderte hinweg praktisch ununterbrochen im offenen oder verborgenen Krieg zueinander befanden. Bündnisse, Intrigen, Liebe und Hass sorgten dabei für ständig wechselnde Fronten. Auch Michael Diels neuer Roman „En Passant“ handelt vom Krieg und davon, wie ihn eine Hand voll fehlgeleiteter Menschen auslösen können.

von Frank Stein

 

„2600 – Alexander Davion stirbt. Zane Davion wird Nachfolger im Amt des Ersten Prinzen der Vereinigten Sonnen.“ – So lautete der historische Eintrag noch lapidar in Reinhold H. Mais und Christoph Nicks großartigem Sekundärwerk „BattleTech – Die Welt des 31. Jahrhunderts“ (das, ganz nebenbei, mal dringend eine überarbeitete Neuausgabe vertragen würde). Michael Diel, der mit seinem soliden „BattleTech“-Debütroman „Wahnsinn und Methode“ für Aufsehen sorgte und mit seiner James-Bond-meets-BattleTech-Geschichte „Über dem Gesetz“ das Fandom spaltete, nimmt dies in seinem dritten Werk als Aufhänger, um dramatische Ereignisse zwischen den Vereinigten Sonnen und dem Draconis Kombinat in Bewegung zu bringen.

Alexander Davion ist tot, und Susan McEvedy, die Direktorin der Abteilung für Spionageabwehr des Ministeriums für Geheime Untersuchungen und Operationen Haus Davions, ist schuld – mehr oder minder zumindest, denn sie hat ihren Job nicht ordentlich gemacht. Gemeinsam mit ihrem loyal fanatischen Assistenten Collin Redburn setzt sie alle Hebel in Bewegung, um die Hintermänner des Attentats ausfindig zu machen. Die Spur führt zu Tetsuo Yatomo, dem Direktor der Abteilung für Innere Sicherheit der ISA, des draconischen Geheimdienstes. Als neue rechte Hand des zügellosen Koordinators Leonard Kurita steigt dieser gerade in ungeahnte Machtsphären auf – doch er macht sich dadurch auch mächtige Feinde, die keineswegs alle von außen kommen.

Beide, McEvedy und Tetsuo, lösen einen Schattenkrieg aus, der die an sich schon latent instabilen Reiche des jungen, zornigen Zane Davion und des vergnügungssüchtigen, nicht minder zornigen Leonard Kurita an den Rand eines interstellaren Konflikts treiben. Während mäßigende Stimmen im Sternenbund und unter den Beratern der Hausfürsten das Schlimmste zu verhindern versuchen, sterben im Feld kleine Heere von Geheimagenten, derweil große Heere an der Grenze zwischen den Vereinigten Sonnen und dem Draconis Kombinat aufmarschieren.

Mit „En Passant“, dem ersten Band der „Schattenkrieg“-Trilogie, meldet sich Jungautor Michael Diel nach seinem eher mäßigen Roman „Über dem Gesetz“ mit Macht zurück. Erneut sind Politik und Intrigen sein Metier, erneut vertieft er die Ereignisse zu Beginn des Goldenen Zeitalters 2600, über die er schon in „Über dem Gesetz“ geschrieben hatte. Doch was damals trotz durchaus atmosphärischer Momente fragmentarisch blieb und an Parallelhandlungen litt, die nicht wirklich zusammenfinden wollten, wird hier zum dichten Netzwerk fein gesponnener Erzählkunst, die sich auch nicht scheut, in die Hinterzimmer der höchsten aller Politiker zu schauen und dort nach Dreck zu suchen.

Einmal mehr demonstriert Diel seine Begeisterung für große Figurenensembles, für die galaktische Bühne und für folgenreiche Wort- und Tatgeplänkel zwischen mächtigen Menschen. Dabei ist es faszinierend, mit anzusehen, wie viel Einfluss dem 1980 geborenen Kerninformatikstudenten über diese Epoche der „BattleTech“-Historie eingeräumt wurde. Man mag mich korrigieren, aber meines Wissens war bislang über die ersten Jahre des Goldenen Zeitalters nicht sonderlich viel bekannt, nun aber bekommen unzählige Namen Gestalt und Tiefe und Ereignisse von regelrecht unerhörter Tragweite entfalten sich. Und, das muss ihm der Neid lassen, diesmal auch unerhört dicht und spannend beschrieben. Den Fall der Susan McEvedy beobachtet man mit Abscheu, die Tragödie des Tetsuo Yatomo lässt einen mitfühlen, und schließlich gipfelt der Roman in einem Cliffhanger, der einen nachgerade im Lesesessel hochfahren lässt.

Zwei Schwächen mag man „En Passant“ dennoch ankreiden – und nur eine davon ist dem Autoren geschuldet. Erstens sucht man die titelgebenden Kampfmaschinen einmal mehr praktisch vergeblich. Abgesehen von einem furchtbar lakonisch erzählten Arenakampf zur Belustigung der Elite Terras gibt es keine BattleMechs in diesem „BattleTech“-Roman. Obwohl die Welt nicht nur aus kämpfendem Schwermetall bestehen kann, ich weiß, stößt mir dies doch ein bisschen auf, denn es ist, als würde man eine Folge „Raumschiff Enterprise“ ohne Enterprise gucken (ein Raumschiff Enterprise gibt’s hier übrigens stattdessen!). Zum Zweiten ist das Titelbild, das diese einzige Mech-Passage der Handlung illustriert, diesmal irgendwie misslungen. Von der Optik her erinnert es an eine japanische Zeichentrickserie und bleibt damit weit hinter dem zurück, was etwa bei den Heyne-Romanen oder den Catalyst-Games-Regelwerken visuell geboten wird.

Fazit: Mit „En Passant“ legt Michael Diel seinen dritten „BattleTech“-Roman vor und gleichzeitig einen gelungenen Einstieg in seine neue „Schattenkrieg“-Trilgie. Versiert bewegt er sich auf dem Parkett der obersten Staatenlenker der Inneren Sphäre, nur um gleichzeitig spannend die Intrigen und Machtkämpfe innerhalb der Geheimdienste der Häuser Davion und Kurita zu schildern. „BattleTech“-Historiker werden an dem Roman ihre helle Freude haben. Leser, die eher auf Mechs unter Feuer stehen, sollten allerdings einen Bogen um das Buch machen – denn die Kampfkolosse spielen praktisch keine Rolle in diesem Konflikt.

Mit freundlicher Unterstützung von Fantasy Productions GmbH, www.fanpro.com und www.f-shop.de.


Schattenkrieg 1: En Passant (Classic BattleTech-Roman Nr. 15)
Rollenspiel-Roman
Michael Diel
Fantasy Productions 2007
ISBN: 978-3-89064-479-0
319 S., Taschenbuch, deutsch
Preis: EUR 9,00

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