Cat in the Box

Der Herr Schrödinger beziehungsweise seine Katze sind ein nicht enden wollendes Internetphänomen. Immer wenn man denkt, man hätte alle T-Shirts gesehen, alle Comic-Strips gelesen, alle Witze gehört, kommt wieder eine tote Katze um die Ecke. 2020 wurde ein Stichspiel veröffentlicht, was wenig Aufmerksamkeit bekam. Die überarbeitete Fassung löste 2022 jedoch einen richtigen Hype aus.

von KaiM

Zur Spielemesse in Essen im Jahre 2023 kam der Überraschungshit aus dem Vorjahr dann bei Pegasus heraus. Doch viele Spiele, die zur Messe heiß begehrt sind, werden danach in den sozialen Medien schnell wieder vergessen – insbesondere etwas kleinere Spiele wie „Cat in the Box“. So ist schon jetzt festzustellen, dass das Interesse anscheinend wirklich schnell nachgelassen hat und das Spiel nach anfänglicher Begeisterung nur eher selten auf den Tisch kommt. Also warum? Schauen wir doch nochmal genau hin, was das Spiel denn gut macht und was vielleicht verhindern könnte, dass es zu einem Dauerbrenner wird, den man immer wieder gerne aus dem Regal holt.

Das Material

An der Box und dem Inhalt kann es schon mal nicht liegen, dass das Spiel nicht zündet. Die Pappauslagen auf dem Tisch sind aus mehreren Schichten und in das zentrale Board können sogar Karten hineingeschoben werden, um eine gewisse Varianz zu ermöglichen. Blickfänger sind natürlich die durchsichtig-farbigen Acrylspielsteine, mit denen die gespielten Karten markiert werden. Zwar ist die Box hier eindeutig zu fummelig, aber liegen die Steine erst einmal auf dem Tisch, schlägt das Herz jedes Brettspielfans mit Vorliebe für Deluxe-Komponenten ein Stück höher. Tatsächlich nervt es mich aber sehr, dass die Steine beim Einräumen in kleine Reihenformationen gesteckt werden müssen. Eine Vertiefung für alle wäre mir deutlich lieber gewesen.

Ein Nachteil des Spielprinzips ist, dass je nach Anzahl der Mitspielenden nur bestimmte Karten verteilt werden. Somit muss man damit rechnen, dass sich einige Karten abnutzen, andere aber nicht. In diesem Fall habe sogar ich mal zu Sleeves gegriffen, weil ich durchaus einen Einfluss auf den Spielverlauf befürchten muss, wenn man die selten genutzten Karten nach einigen Partien deutlich von anderen unterscheiden kann. Trotz der Kartenhüllen passt aber noch alles in die Verpackung, womit das zumindest kein weiteres Problem darstellt.

Die Anleitung bietet eine einfache tabellarische Übersicht zum Spielaufbau. Damit wäre ein wichtiger Teil für den Spielfluss schon mal gut gelöst. Der Spielablauf und die Wertung sind jedoch eine andere Sache. Zwar handelt es sich  nicht um ein schweres Spiel, aber der Spielfluss und die Wertung sind nicht ganz intuitiv. Hier gibt es keine Übersicht, die einem Einsteiger bei diesen Kernfragen hilft. So kommt es in den ersten Partien immer mal wieder zu Nachfragen, insbesondere wenn zwischendrin eine längere Pause gelegen hat. Das macht es teilweise unnötig sperrig, denn wie gesagt: Besonders schwierig zu verstehen ist das Spiel eigentlich nicht.

Das Spiel

„Cat in the box“ ist ein Stichspiel. Nachdem alle Karten gleichmäßig verteilt wurden, müssen alle je eine Karte ablegen, ohne sie zu verraten. Dann wird reihum eine Karte gespielt, und wenn dies alle erledigt haben, wird die Person ermittelt, die die höchstwertige Karte gespielt hat. Sie bekommt die gespielten Karten und darf den nächsten Stich eröffnen. Das wird so lange wiederholt, bis alle Karten gespielt wurden. Bei fast allen anderen Stichspielen ist das zumindest so, aber hier endet die Runde vor allem, wenn ein Paradoxon ausgelöst wurde. Um das zu verstehen, müssen wir aber kurz auf das wesentliche Alleinstellungsmerkmal dieses Spiels eingehen.

So seltsam das für ein Stichspiel auch ist, die Karten haben keine Farbe. Irgendwie stimmt das aber auch nicht. Die Karten haben eine Farbe, aber eben nicht, solange sie noch nicht ausgespielt wurden. Das ist natürlich eine Anspielung auf die berühmte Katze in einer Schachtel aus Schrödingers Gedankenexperiment, die so lange gleichzeitig tot und lebendig ist, bis man die Schachtel öffnet, um nachzusehen. Zu Beginn jeder Runde haben also alle einige farblose Karten mit Werten von 1 bis maximal 9 auf der Hand.

Spielt man nun eine Karte, darf man sich, vereinfacht gesagt, eine Farbe aussuchen. Dazu legt man die Karte zunächst auf den Tisch und legt einen eigenen Marker auf ein Board, das eine Übersicht darüber gibt, welche Farbwerte schon gespielt wurden. Denn schließlich gibt es auch hier, wie in vielen anderen Stichspielen auch, jeden Wert für jede Farbe immer nur genau einmal. Wenn also die Gegner im Laufe einer Runde eine drei, sieben und neun in Gelb gespielt haben, darf ich meine Karten derselben Werte eben nicht mehr für die Farbe Gelb verwenden. Kann man aus diesem Grund nicht bedienen, was ebenfalls genauso funktioniert wie bei anderen Spielen dieser Art, darf man die Trumpf-Farbe rot verwenden und stechen, wenn man möchte, und sich so den Stich selbst dann sichern, wenn man nur einen geringeren Wert spielen konnte.

Ein paar Restriktionen bringt das Spiel aber noch mit. Zumindest, wenn man das Spiel gewinnen will. Zunächst hat man am Anfang geschätzt, wie viele Stiche man bekommen wird. Trifft diese Aussage zu, bekommt man nicht nur die Basispunkte (ein Punkt pro Stich), sondern darf zusätzlich eine Gebietswertung durchführen. Hierbei wird geschaut, wie viele der eigenen Steine das größte zusammenhängende Gebiet auf dem Markierungsbrett bilden. Entsprechend viele Punkte werden zusätzlich gutgeschrieben. Man möchte also die richtige Anzahl an Stichen machen und zusätzlich möglichst viele zusammenhängende Karten spielen. Das wäre ja schon verzwickt genug, aber eigentlich will man vor allem kein Paradoxon auslösen, denn dann bekommt man nur Minuspunkte – und zwar für jeden gewonnenen Stich in dieser Runde!

Ein Paradoxon löst man aus, wenn man während der Stichphase eine Karte spielen muss, aber keine der eigenen
Handkarten spielen kann. Das beendet die Stichphase sofort. Man muss beweisen, dass man keine Karte spielen konnte, indem man seine Handkarten aufdeckt. Alle Karten des Stichs werden abgelegt und niemand gewinnt diesen Stich. Es folgt danach die Wertung für diese Runde.

Nach einem Durchgang wird der Startspielermarker weitergegeben. Es werden insgesamt so viele Runden gespielt, wie Spielende teilnehmen. Wer am Ende dann am meisten Punkte gesammelt hat, gewinnt das Spiel.

So fühlt es sich an

Es ist faszinierend, wie prophetisch dieses Spiel mit sich selbst umgeht, denn ob das Spiel noch heiß oder bereits abgekühlt ist, merkt man erst, wenn man die Box geöffnet hat. Bis dahin ist es irgendwie beides.

Die erste Entscheidung, die man im Spiel treffen muss, ist eine Handkarte abzulegen. Diese mag einen gewissen Einfluss haben, aber wirklich gewichtig fühlt sie sich nicht an. Auch die nächsten Stiche plätschern ein wenig vor sich hin. Man versucht, mehrfach vorhandene Zahlen abzulegen, um später ein Paradoxon zu vermeiden, und gleichzeitig möglichst große Gebiete zu bilden. Außerdem hat man natürlich im Blick, wie viele Stiche man selbst und die anderen haben möchten. Ist man dabei relativ weit hinten in der Reihenfolge, muss man sich nicht allzu viel Hoffnung machen, den Stich zu bekommen, schließlich ist die höchste Karte normalerweise fünf mal im Umlauf. Man hat also in dieser Phase relativ wenig Einfluss auf den Spielverlauf und versucht lediglich, das eigene Spiel zu positionieren.

Es kann auch vorkommen, dass sich diese Situation in einer Runde kaum ändert und lediglich am Ende Spannung aufkommt, wenn es um die Erfüllung der eigenen Ziele und das Paradoxon geht. Der Vorteil daran ist, dass das Spiel sich fluffig runter spielt. Nicht jede Karte ist eine verzwickte Entscheidung, die extrem sorgfältig durchdacht werden muss. Daher sind die Runden schnell gespielt, und es kommen durchaus spannende Momente zustande. Weiterhin ist es schnell erklärt, und sind Stichspiele in der Runde bereits bekannt, werden auch alle den Twist schnell verinnerlicht haben. Somit eignet sich das Spiel als Eröffnung eines Spieleabends oder auch als lockeres Spiel für Zwischendurch. Ein abendfüllendes Erlebnis, bei dem die Beteiligten sofort eine weitere Partie eingefordert haben, wollte sich bei uns zwar nicht so richtig einstellen, aber ich würde es dennoch gerne wieder mitspielen, wenn sie die Gelegenheit ergibt.

Fazit: Ein Spiel für Freunde des Stichspiels mit tollen Deluxe-Komponenten und einem besonderen Etwas. Die Euphorie rund um das Spiel war übertrieben, aber es bleibt ein gutes Spiel. Ich rate vor dem Kauf zu einer Probepartie.

Cat in the Box
Brettspiel für 2 bis 5 Spieler ab 10 Jahren
Muneyuki Yokouchi
Pegasus Spiele 2023
EAN: 4250231735950
Sprache: Deutsch
Preis: 33,00 EUR

bei pegasus.de bestellen
bei amazon.de bestellen