Der von TV-Serienschöpfer Joss Whedon erdachte und von Drehbuchautorin Jane Espenson verfasste Fünfteiler namens „Rückzug!“, der in diesem 128-seitigen Sammelband zu finden ist, hat es kräftig in sich. Die Jägerinnen sind auf der Flucht. Dank Harmony und ihrer Vampir-Soap (siehe Band 5) sind sie der Welt verhasst. Außerdem sitzt ihnen Dämmerung – sowohl die Organisation, als auch der Mann an deren Spitze – im Nacken. In dieser verzweifelten Stunde finden sich alle Kämpfer fürs Gute wieder zusammen. Giles und Faith kehren „in den Schoß der Familie“ ebenso zurück, wie Andrew mit seinen italienischen Jägerinnen.

Doch jede Flucht scheint aussichtslos zu sein, denn irgendwie gelingt es Dämmerung, die Magie, die von den Jägerinnen ausgeht, aufzuspüren. Um sich vor dem Finsterling, der alle Jägerinnen umbringen will, zu retten, entscheiden sich Buffy, Willow, Xander und die anderen zu einem drastischen Schritt. Sie „springen“ nach Tibet, um unter der Leitung von Oz, dem Werwolf und ehemaligen Freund Willows, zu lernen, wie man die Kräfte wieder verliert, die all den Jägerinnen und Hexen erst vor Kurzem geschenkt wurden.

Ich muss ganz ehrlich sagen: Die Plotidee, den Jägerinnen ihre Kräfte zu nehmen, wirkt irgendwie nicht völlig durchdacht. Denn selbst wenn sie ihre Kräfte durch Meditation und die mystische Erde von Tibet verlieren, sind sie deswegen kaum sicherer vor Dämmerung. Der Typ hat seine Finger überall im Spiel und seine Spione auch. Und wenn er dann angreift, müssen sich die Mädels plötzlich mit Sturmgewehren gegen Soldaten verteidigen – statt mit Magie, was viel effektiver gewesen wäre. Na schön, schreiben wir es der Verzweiflung zu.

Genau genommen wundert man sich sowieso, warum sich Buffy den ganzen Comic (und auch schon die zuvor) von Dämmerung so jagen lässt. Der Band hier trägt den Titel „Rückzug!“, und um nichts anderes geht es auf 128 Seiten. Es wird gekämpft, Buffy und Co verlieren – und müssen fliehen. Man fragt sich die ganze Zeit, warum die Truppe nur reagiert, statt zu agieren. Wahrscheinlich will Joss Whedon seine Schäfchen erstmal so richtig am Boden sehen, bevor er die Wende einläutet. Am Ende dieses Fünfteilers hat er sein Ziel beinahe erreicht. Fehlt eigentlich nur noch der Tod einer Hauptperson.

Auf der Habenseite gefällt die Zusammenführung der Figuren. Endlich folgen wir nicht mehr kleineren Abenteuern überall auf der Welt, sondern haben alle zusammen, wodurch sich mit Buffy, Willow, Xander, Dawn, Giles, Faith, Andrew, Oz und sogar Riley ein mittlerweile recht umfangreiches Ensemble gebildet hat – zwangsläufig bleiben da die speziell für die Comics eingeführten Jägerinnen etwas auf der Strecke. Aber das lässt sich verschmerzen.

Optisch gehört der Comic eher zur „schnellen Truppe“. Georges Jeanty überschlägt sich nicht gerade vor Detailfreude und Akkuratheit. So hätte ich Oz als Charakter nicht wiedererkannt, wenn er nicht namentlich genannt worden wäre. Und auch Dawn und Faith kann man kaum unterscheiden, weil beide Mädchen mit braunen Haaren sind. Zum Glück ist Buffy blond, Willow rothaarig, Xander hat eine Augenklappe und Giles trägt eine Brille. So kann man sich als Leser an einfache Merkmale halten, wenn einem mal wieder allzu flüchtig hingekritzelte Protagonisten gegenüberstehen.

Fazit: „Buffy – The Vampire Slayer 6: Rückzug!“ punktet mit einem starken Plus. Der Sammelband enthält einen durchgehenden Fünfteiler, der komplett die Dämmerung-Haupthandlung vorantreibt. Es gibt ordentlich Action, ein paar witzige Wendungen und alle Helden finden sich mal wieder zusammen. Allerdings muten die Handlungen von Buffy und Co insgesamt schon etwas seltsam an. Und rein qualitativ gesprochen würde man sich wünschen, dass sich der Zeichner zukünftig etwas mehr Mühe gibt, denn die Illustrationen sind überwiegend allzu flott und lieblos hingepinselt.