von Michael Wilhelm

Das im Quellenband „Blackout“ beschriebene Metaplot-Event des einmonatigen Stromausfalls mit dem Fokus auf Detroit wirkt sich auch auf die etwas weiter nordöstlich gelegene Stadt Toronto im ehemaligen Kanada aus. Lag die Stärke des Quellenbands zu Detroit noch eher in der ausführlichen Schilderung der Ereignisse des Jahres 2080, widmet sich der vorliegende Band konkret den Geschehnissen in der Stadt Toronto und liefert eine umfangreiche, nahezu epische Kampagne, die sich über den 30 Nächte dauernden Stromausfall hinzieht.

Ein prächtiges Hardcover mit 188, teils auch farbig illustrierten Seiten liegt uns in der Hand. In der hinteren Umschlagtasche steckt eine ebenfalls farbige Karte Torontos im Format A3. Nach einer kurzen Einleitung, die über den groben Ablauf der Kampagne informiert, geht es mit einer fünfseitigen Kurzgeschichte weiter, die schön in Setting und Atmosphäre einführt. Im nächsten Kapitel geht es um die Stadt Toronto, deren Stadtteile, wichtige Orte und deren Bewohner, gefolgt von Kurzbeschreibungen der in der Stadt aktiven Konzerne, Gangs und Syndikate sowie einem kurzen Abriss über das Erwachte Toronto.

Der nächste Abschnitt widmet sich den 30 Nächten des Blackouts. Auch wenn die 30 kurzen bis mittellangen Szenarien sehr unterschiedlich in Ablauf und Umfang sind, folgen alle Einträge dem gleichen Schema: Aufhänger, Schauplätze, Job, Hauptdarsteller und Anmerkungen. Manche der Szenarien stellen eher konventionelle Runs, wie Datenklau oder Schnitzeljagden dar. In anderen kommt man nur mit Detektivarbeit voran oder muss, um nicht im Desaster zu enden, einen großen Raub planen. Auch Beschattungen oder die Suche nach Entführten sind dabei.

Das Ganze ist in einen umfassenden Plot eingearbeitet, sodass man manchen Plätzen oder Figuren wiederholt begegnet, was bedeutet, dass die Entscheidungen in früheren Nächten auch einen wesentlichen Einfluss auf den Verlauf späterer Nächte haben werden. Das ist im Szenarioband auch schon gut herausgearbeitet, sodass es der Spielleitung wenig Arbeit machen sollte, sich dem individuellen Verlauf der Geschichte anzupassen. Die meisten Nächte sollten weniger als eine Session in Anspruch nehmen. Natürlich kann man einzelne oder mehrere Nächte auch auslassen, solange man die gut durchdachte Reihenfolge nicht wesentlich verändert.

Im Verlaufe der Kampagne begegnet man immer wieder alten und neuen Bekannten, besucht bekannte Orte und erlebt den zunehmenden Verfall von Recht und Ordnung in der der Dunkelheit ausgelieferten Stadt. Es ist (oder kann) Aufgabe der Runner (sein), diesem Verfall entgegenzuwirken und sich Kräften in den Weg zu stellen, die das durch die Dunkelheit ermöglichte Chaos für den eigenen Vorteil oder noch viel finsterere Pläne nutzen wollen.

Das macht es möglich, nicht nur das übliche „Überleben auf den Straßen der Sechsten Welt“ als Sinn zu erleben, sondern auch eine ganz klassische, eher dem Fantasy-Genre zugeordnete Heldengeschichte zu spielen.

Abgeschlossen wird der Band durch ein ausführliches Verzeichnis der in den Szenarien vorkommenden Haupt- und Nebenfiguren nebst Spielwerten.Als kleines Gimmick für die deutschsprachige Ausgabe folgen zuletzt noch drei Szenarien, die lose mit den Ereignissen in Toronto verbunden in der ADL stattfinden.

Fazit: Die nahezu epische Kampagne in „30 Nächte und 3 Tage“ ist eine wahre Fundgrube für Runner-Gruppen. Die 33 Szenarien sind so ausführlich beschrieben, dass sie der Spielleitung nicht viel zusätzliche Arbeit machen, lassen aber viel Spielraum für eigene Ideen. Der spannende und abwechslungsreiche Plot fesselt bis zum Finale.

30 Nächte und 3 Tage
Abenteuerband
Jason M. Hardy u. a.
Pegasus Spiele 2020
ISBN: 978-3-95789-329-1
188 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 19,95

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