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Star Trek

Kaum ein Kinoereignis 2009 wurde von den zahlreichen Fans sehnsüchtiger erwartet und kontroverser diskutiert als J.J. Abrams Reboot des „Star Trek“-Franchises. Wem das Spektakel, das einem auf der großen Leinwand geboten wird, noch nicht ausreicht, der kann in dem Roman zum Film alles noch einmal nachlesen. Ob die Frage „Lohnt es sich?“ rein rhetorischer Natur ist, erfahrt ihr hier.

von Andreas Loos

„Star Trek“ feierte vor gar nicht allzu langer Zeit sein 40-jähriges Jubiläum, obwohl es damals nicht gerade rosig aussah. Der letzte Kinofilm „Nemesis“ „glänzte“ vor allem durch inhaltliche Schwächen in Form von logischen Fehlern und einem generell schwachen Plot, den alle Spezialeffekte nicht überspielen konnten. Die Serie „Enterprise“ erlitt durch einen rapiden Quotenabsturz Schiffbruch. Außer Sondereditionen der Originalserie gab es wenig Grund zum feiern.

Dann wurde angekündigt, dass J.J. Abrams, einer der Macher von „Lost“, einen neuen „Star Trek“-Film produzieren würde. Die Erwartungen waren dementsprechend hoch, und jedes noch so kleine Fitzelchen, das über den neuen Film bekannt wurde, gab Anlass, von den Fans heiß diskutiert zu werden. Von kompletter Ablehnung bis hin zu enthusiastischer Vorfreude war das gesamte Spektrum an Meinungen vertreten. Viele eingefleischte Fans befürchteten, dass ein weiteres Prequel wie „Enterprise“ schlecht in den etablierten Kanon passen würde.

Zumindest diesbezüglich besteht nicht wirklich Gefahr, denn dadurch, dass Abrams die Ereignisse seines Films in eine alternative Zeitline versetzt, deren Entstehung dem zeitreisenden Romulaner Nero und dessen Crew zu verdanken ist, bleibt der ursprüngliche Kanon unberührt. In meinen Augen ist dies wohl die eleganteste Lösung.

Nero, der durch die Zerstörung von Romulus in der Zukunft der alten Zeitlinie wahnsinnig wurde, wird in die Vergangenheit geschleudert (wo er dann die neue Zeitlinie begründet). Dort sinnt auf Rache an all denen, die für ihn die Verantwortung tragen: die Föderation im Allgemeinen, weil sie untätig zuschaute, die Vulkanier im Besonderen, die sich expliziert weigerten zu helfen, und nicht zuletzt Botschafter Spock. Nebenbei will er dem Romulanischen Imperium zu noch mehr Macht und Einfluss verhelfen. Die Handlung dreht sich hauptsächlich darum, diesen intergalaktischen Amokläufer zu stoppen.

Die Hauptpersonen sind allerdings der junge James T. Kirk und seine ebenfalls frisch ausgebildeten Weggefährten. Dabei zeigt sich, dass durch das Eingreifen Neros einiges durcheinander geraten ist. Kirk muss sich erst von einem Taugenichts mit einem Hang zu Kneipenschlägereien zu einem echten Offizier mausern, anstatt eine Bilderbuchkariere von Anfang an zu beginnen. Auch sind Spock und Kirk anfänglich nicht gerade das, was man Freunde nennen könnte. Dr. McCoy hingegen kommt genauso daher, wie man ihn auch aus der originären Zeitlinie, sprich der alten TV-Serie und den klassischen Kino-Filmen, kennt.

Sowohl der Film und auch der Roman kommen lockerer, actionlastiger und schneller daher, als man es von „Star Trek“ üblicherweise kennt. Dem Buch selbst merkt man die logischen Bugs eher an, als dem Kinofilm, da opulente Bilder und Special Effects hiervon nicht abzulenken vermögen. So mag man sich schon fragen, warum eine Bohroperation per Handarbeit sabotiert werden muss, statt durch einen gezielten Phaserschuss beendet zu werden. Uhura, deren Vorname übrigens im Verlaufe der Handlung verraten wird, soll angeblich fließend Romulanisch sprechen, um später dann doch Defizite einräumen zu müssen. Und die Geschwindigkeit, mit der Sternenflottenkadetten (mit anhängendem Gerichtsverfahren) zu Raumschiffkapitänen befördert werden, ist atemberaubend.

Die Darstellung der „klassischen“ Crew kann man als gelungen bezeichnen, wobei mein uneingeschränkter Liebling „Pille“ McCoy ist, dessen ironisch-sarkastische Bemerkungen neben den lockeren Sprüchen Kirks dem Ganzen eine vertraute Note geben. Der hier beschriebene Kirk braucht allerdings eigentlich zwei Raumschiffe, eins – die Enterprise – und ein zweites, größeres, um sein Ego zu transportieren. Ein wenig mehr Bescheidenheit hätte dem angehenden Captain besser zu Gesicht gestanden.

Im Anhang des Romans befindet sich noch ein Interview von Christian Humberg mit Regisseur J.J. Abrams und Romanautor Alan Dean Foster sowie ein Ausschnitt aus dem Comic „Countdown“, der die Ereignisse vor dem Kinofilm (und in der alten Zeitlinie) beschreibt.

Fazit: Der offizielle „Star Trek“-Kanon meldet sich mit einem Paukenschlag zurück und dreht dabei alle Uhren wieder auf Null. Der Roman spricht wie der Film ein breites Publikum an. Für „Star Trek“-Neulinge sind beide, Buch und Film, hervorragend geeignet, weil man ja nun den (veränderten) Anfang der Saga miterlebt. Eingefleischte Fans hingegen werden die vielen Anspielungen wiedererkennen. Die Handlung definiert „Star Trek“ auf eine neue Art und Weise, und für einen Fan wie mich, der den etablierten Kanon relativ gut kennt, gab es einige bittere Pillen zu schlucken. Andererseits scheinen die Macher eher an einem radikalen Bruch interessiert zu sein, der die Möglichkeiten des Franchise von Grund auf neu absteckt, anstatt die ebenfalls unendlichen Möglichkeiten des etablierten Kanons voll auszukosten.


Star Trek
Film/Serien-Roman
Alan Dean Foster
Cross Cult 2009
ISBN: 978-3-941248-05-2
304 S., Taschenbuch, deutsch
Preis: EUR 12,80

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