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Shadowrun 4.01D

Das Magie-und-Cyperpunk-Rollenspiel „Shadowrun“ geht in die vierte Runde, sprich die vierte Edition. Auf 344 Seiten werden im Hardcoverband die geänderten Regeln und der geänderte, auf das Jahr 2070 ausgelegte Hintergrund präsentiert.

von Markus Kolbeck

Die Welt von „Shadowrun“ wird von extraterritorialen Megakonzernen, die sich gegenseitig ausspionieren und bekriegen, maßgeblich beeinflusst. Somit gibt es in der Illegalität für Runner jede Menge Arbeit, doch muss man darauf achten, dass man nicht hereingelegt wird. Magie und Fabelwesen sind real. Es gibt Metamenschen – Menschen, Elfen, Zwerge, Orks und Trolle mit Vor- und Nachteilen. Sci-Fi meets Fantasy.

In der vierten Edition hat sich in Bezug auf die Welt und die Regeln einiges getan: Nach dem zweiten Matrixcrash ersteht die Matrix neu als Wireless Fidelity (WiFi), als kabelloses Netzwerk. Praktisch jeder Charakter hat ein Kommlink, mit dem er Zugriff auf sein persönliches Netzwerk hat und Daten von anderen Netzwerken eingespielt bekommen kann als Augmented Reality (AR), als Überlagerung der Realität mit AR-Objekten. Virtual Reality für das unmittelbare Eintauchen in die Matrix gibt es auch noch. Rigger sind jetzt eine Untergruppe der Hacker, und neu sind die Technomancer, die sich ohne technische Hilfen in die Matrix einklinken können.

Die allgemeinen Regeln haben eine grundsätzliche Anpassung erfahren. So werden Würfelpools nun aus Attribut + Fertigkeit +/- Modifikatoren berechnet. Gewürfelte Fünfer und Sechser zählen als Erfolge, von denen man eine je nach Probe unterschiedlich große Mindestanzahl braucht. Es gibt jetzt auch ausgedehnte Proben, etwa für Reparaturen oder Hardwaremodifikationen. Bei den Attributen hat sich auch etwas getan. So ist das Maximum für natürliche, unverstärkte Attribute sechs (plus Modifikatoren durch Metatypen). Intelligenz ist jetzt aufgeteilt in Intuition und Logik; Schnelligkeit ist aufgeteilt in Geschicklichkeit und Reaktion. Die Attribute Edge (für alle) und Resonanz (für Technomancer) sind neu. Bei Essenzverlusten durch Bio- und Cyberware wird getrennt Buch geführt und der kleinere Wert von beiden zählt nur zur Hälfte. Zustandsmonitore haben jetzt eine variable Anzahl von Kästchen usw. usf.

Es ist zwar mit einer Reihe von Regelerweiterungen für die neue Edition zu rechnen, der Grundregelband ist aber ein Komplettwerk insofern, als dass er alles Nötige zum Spielen enthält. So gibt es ein Einführungskapitel, „Willkommen in den Schatten“, mit den ersten Grundlagen. Weiter geht es mit einer „Geschichtslektion“ mit Details zu Konzernen, dem Auftauchen der Metamenschen auf der Bühne der Genetik und mehr. Vor allem dem Alltag auf der Spur ist „Leben in den 70ern“. Zu grundlegenden „Spielkonzepten“ gibt es Informationen im folgenden Kapitel. Mit der Generierung von Charakteren geht es weiter im Kapitel „Charaktererschaffung“, die nach Generierungspunkten abgewickelt wird und unter anderem Gaben und Handicaps vorsieht.

„Fertigkeiten“ ist ein eigenes Kapitel und nennt Aktions-, Wissens- und Sprachfertigkeiten. Auch dem „Kampf“ wurde ein eigenes Kapitel gewidmet. Es werden Fern- und Nahkampf sowie Fahrzeugkampf geschildert. „Die Erwachte Welt“ behandelt ausführlich die Magie, Foki, Schutzpatrone und Zaubersprüche. „Die WiFi“-Welt“ widmet sich dann der neuen, kabellosen Matrix einschließlich Hacking, Rigging und Technomancern. „Die Schatten sehen und überleben“ schildert dann Dinge wie Heilung, Toxine, Drogen, Sicherheitssysteme, Reputation, Lebensstil, Karma und Charakterentwicklung. „Freunde und Feinde“ widmet sich indes den NSCs, Connections und Crittern. In „Straßenausrüstung“ geht es selbstredend um Ausrüstungsregeln und -listen einschließlich Waffen, Cyber- und Bioware.

Es gibt auch jede Menge vorgefertigte Charaktere in Form von Archetypen. Zudem sind zwei Charakterbögen zum Kopieren vorhanden. Das farbige Coverbild ist leider nicht so übermäßig toll, die schwarz-weißen Innenillustrationen noch einmal eine Stufe schlechter. (Hier hätten die Macher echt ein bisschen mehr Mühe in das Grundregelwerk investieren können.) Nett sind die jedem Kapitel vorangestellten Minigeschichten.

Fazit: Ich habe „Shadowrun“ früher schon ausführlich gespielt und kann sagen, dass es mit der vierten Edition noch besser, noch stimmiger geworden ist. Manche mag der Zynismus einer Vorrangstellung von Megakonzernen und die fast schon alltägliche Kriminalität von Shadowrunnern abschrecken, dafür wird man mit einem gelungenen Mix aus Fantasy- und Cyberpunk-Motiven entschädigt; sozusagen das Beste aus beiden Welten.

Ob der Technomancer ankommen wird bei den Spielern, vermag ich noch nicht zu sagen (es gibt ja bereits Hacker), ein interessantes Konzept stellt dieser Charaktertyp jedenfalls dar. Auffallend sind die stellenweise fehlenden Buchstaben, Silben und Wörter respektive die teilweise fehlenden Formatierungen, jedoch wird das Leseverständnis dadurch nicht getrübt.

„Shadowrun 4.01D“ spielt sicherlich nicht erst seit dieser Edition in der oberen Rollenspielliga mit. Ein gewisses Maß an Komplexität kann man ja einem Rollenspieler zumuten, denn auf den besagten 344 Seiten lässt sich schon einiges an Konzepten und Regeln unterbringen. Empfehlenswert ist der Regelband bestimmt. Wer sich nicht sicher ist, ob die Welt und das Spielkonzept ihm/ihr zusagt, kann ja einmal auf einem Con probespielen.


Shadowrun 4.01D
Grundregelwerk
Rob Boyle, Elissa Carey, Brian Cross, Christian Lonsing u. a.
Fantasy Productions 2005
ISBN: 3-89064-773-1
344 S., Hardcover, deutsch
Preis: EUR 35,00

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